Der innere Schweinehund

oder was wir von ihm lernen können

 

 

 

Gehen Sie mit Ihrem inneren Schweinehund so richtig auf Kuschelkurs!

 

Verwöhnen Sie ihn mit Salamischeiben.

 

Und: nehmen Sie ihm das Würgehalsband ab!

 

Warum? Das lesen Sie hier

 

 

Neben dem das ich leidenschaftlich gern Islandpferde reite (und auch Seminare damit anbiete), eine Katze besitze und Eulen faszinierend finde, ist mir wohl kein Tier sooft begegnet wie der innere Schweinehund. In vielen Coachingsitzungen habe ich die unterschiedlichen Vertreter dieser Spezies kennengelernt. Und die Not und den Druck ihrer Besitzer*innen. „Tun Sie was, erziehen Sie ihn, dressieren sie ihn – aber machen Sie, dass es aufhört.“ Da fühle ich mich schon manchmal wie Martin Rütter, den Hundeprofi. Und ich teile mit ihm die Erkenntnis, dass der Veränderungsbedarf meist bei Frauchen oder Herrchen liegt.

 

Stellen wir uns vor, wir sind auf der Hundewiese. Meist sind hier ganze Rudel vertreten, kleine, größerer, reinrassige und Mischlinge. Einer ist zuständig für die Steuererklärung, der andere fürs Walken, der Dritte vielleicht für bewusste Ernährung und so weiter.

 

Der innere Schweinehund als Verkörperung des inneren Widerstandes. Wir können es mit Gewalt versuchen, ihn zu bezwingen. Zum Beispiel die Diät, die wir uns abringen. Und nach 14 Tagen, sobald wir die Leine etwas lockerer lassen, schnappt er sofort zu beziehungsweise wir schnappen uns das dickste Stück von der Kuchenplatte. Wir merken, diese Nummer klappt nur, wenn wir ihm dauerhaft das Würgehalsband und den Maulkorb anlegen. Dauerhaft gegen etwas anzugehen, was uns Freude oder Lust bereitet (dafür steht das limbische System in unserem Gehirn), macht jedoch krank. Die sogenannte präfrontalkortikale Hemmung des limbischen Systems oder: gewürgter Schweinehund. Also eine Tierquälerei, eine ziemliche Sauerei, im wahrsten Sinne des Wortes. Auf gut Deutsch meint es: preußische Disziplin und Vernunft (kognitive Prozesse, also der präfrontale Cortex), sollen dafür sorgen, dass wir tun, was wir nicht wollen. Die Wissenschaft sagt, maximal ein Drittel gewürgter Schweinehund im Alltag darf sein, dauerhaft mehr macht krank, psychisch und physisch.

 

Der Wachhund

Der Schweinehund ist also als ein ganz guter Wachhund zu verstehen. Er passt auf, dass wir nicht ununterbrochen Dinge tun, die wir müssen oder sollen. Statt ihn aufmerksam wahrzunehmen und zu versuchen zu verstehen, worauf er uns aufmerksam machen will, gehen wir sehr pauschal gegen ihn vor. Oft sind wir genervt, wenn er Bedürfnisse anmeldet („Ach neee, da ist er ja wieder...“). Und wir tauschen uns augenrollend mit anderen Schweinehundbesitzer*innen aus. Wir fühlen uns verstanden im wechselseitigen Klagen und Schimpfen über ihn. Wir wenden uns aber meist von ihm ab, nicht zu. Dieses leicht gestörte Innenverhältnis führt dazu, dass er immer mächtiger wird. Fühlen sich innere Anteile nicht gesehen oder werden permanent abgewertet, reagieren sie, in dem sie sich aufplustern und grösser machen.

Denken Sie noch mal an ihren kleinen Liebling von vorhin von der Hundewiese. Die Frage ist doch, was er will? Und weil es einfacher ist, fragen Sie lieber: was will er nicht? Beispiel: „Ich will nicht ins Fitnessstudio bzw. mein innerer Schweinehund ist wieder mal zu stark...“. Im zweiten Schritt können wir uns fragen: was ist jetzt das Bedürfnis in dieser Situation? Warum wird der Schweinehund aktiv und kläfft, was das Zeug hält? Vielleicht bemerken Sie eher ein Bedürfnis nach Entspannung, vielleicht Entspannung und der Wunsch nach frischer Luft und Vogelzwitschern. Gibt es somit alternative Strategien zum momentan ungeliebten Fitnessstudio-Besuch? Wie lautet sie? Vielleicht ist es ein Spaziergang draußen? Im Garten arbeiten? Bieten sie Alternativen und spüren sie nach, ob der Schweinehund etwas friedlicher wird. Oder fragen Sie, welches Bedürfnis Sie sich erfüllen, wenn Sie es doch tun würden, also ins Studio gehen: Beweglichkeit, Mobilität auch im Alter, Geselligkeit.... So kann ein Bedürfnis – Suchhund aus ihm werden! (Siehe auch Dateinedownload am Ende der Seite: Liste von Bedürfnissen)

 

Der Lawinen-Warnhund

Manchmal, wenn er sich gar nicht weiterbewegen will und wir zerren verzweifelt an der Leine, verkennen wir auch den Lawinen – Warnhund. Er zeigt uns gegebenenfalls an, dass es schon o. k. wäre, Sport zu machen. Aber bitte nicht so viel, so groß, so unrealistisch. Er wittert dort die Lawine des „Zuviel“ und stemmt die Pfoten entschlossen in den Boden. Und da wir ihn zu wenig verstehen, schlussfolgern wir frustriert: o. k. das ist nix für mich, ich gebe auf. Oder zwinge ihm das Würgehalsband um.

Nein, an dieser Stelle füttern sie ihn in Zukunft bitte mit Salami. Genau, Salami. Aber in dünnen, einzelnen Scheiben. Salamitaktik. Schneiden Sie die große Aufgaben- oder Zielewurst in dünne, feine Scheiben. Planen Sie realistischer und in kleineren Portionen. Verstärken Sie das Erreichte, würdigen sie es als Erfolg. Gerade (doch nicht nur) Frauen neigen dazu, sich erst auf die Schulter zu klopfen, wenn sie sich mindestens zwei Riesensalamis aufgebürdet haben. Kleine Scheiben scheinen nicht zu zählen. Das gilt es zu trainieren und der Lawinenwarnhund will uns eigentlich dabei helfen.

 

Der Sofahund

Eine weitere Funktion, die wir übersehen oder ignorieren, ist die des kuscheligen Sofahundes. Sie liegen so rum, er springt dazu – und schon kommt es zum Missverständnis: oh je, mein Schweinehund – ich muss dringend runter vom Sofa – oh weh ich würde viel lieber liegen bleiben, aber ich muss doch… Was weiß ich, Joggen, Belege sortieren, bügeln, die Schwiegermutter anrufen, 17 Torten backen, die Kinder durchs Abi bringen, den Nobelpreis gewinnen… Keine Ahnung, das was Frauen und Männer eben mal so tun. Bleiben Sie liegen, haben sie vermeintlich verloren, ein schlechtes Gewissen, der Schweinehund hechelt Ihnen ins Gesicht. Springen Sie auf, fühlt es sich aber auch nicht richtig an. Wie gesagt, ein Missverständnis! Der Sofahund will Ihnen signalisieren: sei jetzt mal faul! Ruhe dich aus! Tue einfach mal gar nichts. Doch das gelingt uns zunehmend schwerer, da wir immer erreichbar und aktiv sein sollen/ wollen. Da kann aus dem Schweine- fast ein Therapiehund werden! Nehmen Sie ihn in den Arm, schließen Sie die Augen und genießen Sie die Zeit nur für sich – ohne Tun und Pflichten. Und nur an dieser Stelle darf er dann auch mal ein bisschen knurren. Wenn jemand Sie dabei stört…

 

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Bedürfnisse: wir haben so viele und nehmen sie oft nicht wahr
Eine Übersicht über Bedürfnisse. Fragen Sie sich öfter: was ist mir jetzt wichtig? Was ist mein Bedürfnis in dieser Situation? Die Liste kann Ihnen eine Hilfestellung bieten.
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